William James, einer der bekanntesten
amerikanischen Psychologen, traf einmal eine alte Dame und berichtete
von dieser Begegnung. Das Gespräch drehte sich darum, dass die alte
Dame der festen Überzeugung war, die Erde werde von einer riesigen
Schildkröte getragen. Auf die Frage hin, worauf denn diese
Schildkröte stünde, erwiderte die alte Dame,
das diese wiederum auf
dem Rücken einer weiteren Schildkröte stünde. Die alte Dame
erkannte recht schnell, dass James sie mit Hilfe logischer
Schlussfolgerungen versuchte in eine Falle zu locken. Bevor er weiter
nachhaken konnte, meinte sie, eine Schildkröte steht auf der
nächsten und immer so weiter.
Die Weltanschauung der alten Dame
basiert wohl auf religiösen Ansichten, denn es gibt Völker auf der
Erde, die eben jene Vorstellung haben, dass die Erde auf dem Rücken
einer riesigen Schildkröte ruht. Soweit, so gut, doch was hat diese
Geschichte mit dem Titel dieses Abschnitts zu tun? Wilson möchte mit
dieser Geschichte auf einen Gedanken aufmerksam machen, der besagt,
dass unser Gehirn in zwei Hälften aufgeteilt werden kann. Diese Idee
ist auf Dr. Leonard Orr zurück zu führen. Er unterteilt das Gehirn
in zwei Hälften, den Denker und den Beweisführer. Der Denker kann
alles denken, was er möchte. Der Beweisführer hingegen sammelt und
findet Beweise, um dieses Denkmuster zu bestätigen. Der Beweisführer
folgt also dem Denker. Was der Denker denkt, das wird der
Beweisführer beweisen. Wieder einmal möchte ich Dich an Deine
Metaprogramme und Wahrnehmungsfilter erinnern. Du hast gelernt, dass
wenn Du Dich auf eine Sache konzentrierst, Dir viel mehr Dinge in der
Dich umgebenden Welt auffallen, die mit dieser einen Sache zu tun
haben. Beim Denker und Beweisführer gestaltet sich die ganze Sache
ähnlich.
Nehmen wir einmal an, Du bist der
festen Überzeugung, dass es zwingend erforderlich ist, Deine Kinder
gegen bestimmte Krankheiten impfen zu lassen. Da Dein Denker fest an
diese Tatsache glaubt, legt Dein Beweisführer alles daran, dies zu
beweisen. Umgekehrt wäre es so, wenn Du ein absoluter Impfgegner
bist, wird Dein Beweisführer alles daran setzen, Beweise für diese
Aussage zu finden.
Gehen wir ein Stück in der Geschichte
zurück. Ich möchte Dir zwei Begebenheiten erzählen, die aus einer
Zeit stammen, als die Menschheit noch dachte, die Erde wäre der
Mittelpunkt des Universums. Wie Du weißt, dreht sich unsere geliebte
Erde um einen riesigen Gasklumpen, die Sonne. Früher waren die
Menschen allerdings der Ansicht, dass es eben genau andersherum ist,
nämlich dass sich die Sonne um die Erde dreht. Bevor das
geozentrische Weltbild vom heliozentrischen Weltbild abgelöst wurde,
waren die Menschen, auf Grund ihrer Sinneswahrnehmungen, eben der
Meinung, dass die Erde still steht und alle anderen Sterne am Himmel
sich um die Erde drehen. Immerhin geht die Sonne ja auch im Osten auf
und im Westen unter. Noch viel früher waren die Menschen einem
weiteren Trugschluss aufgesessen, nämlich, dass die Erde eine
Scheibe ist. Für die damaligen Menschen war es unvorstellbar, dass
die Erde gewölbt und rund sein könnte. Vergleicht man die Größe
des Menschen mit der Größe der Erdkugel, ist dieser Gedanke auch
recht nahe liegend, immerhin kann der Mensch die Wölbung der Erde
auf Grund dieses Größenverhältnisses mit bloßem Auge nicht
erkennen.
Nehmen wir noch einmal ein aktuelleres
Beispiel, den Klimawandel. Hier haben wir das eine Lager, das der
festen Überzeugung ist, der Mensch wäre, beginnend mit der
industriellen Revolution, verantwortlich für den Klimawandel. Der
permanente Ausstoß von Co², verursacht durch eine Unmenge von
Kraftwerken, Flugzeugen und Autos, führt dazu, dass sich unsere Erde
immer weiter erwärmt. Dem entgegnen Klimawandelskeptiker, dass ein
einziger Vulkanausbruch mehr Co² in die Erdatmosphäre pustet, als
der Mensch es in mehreren Jahren könnte. Wie Du siehst gibt es zwei
Lager, jedes hat seine eigene Denkweise (seinen Denker) und liefert
permanent Beweise (durch den Beweisführer), dass die eigene Theorie
stimmt.
Doch wozu kann dieses Wissen nun
angewendet werden? Du hast doch sicherlich schon einmal von
„falschen“ Glaubenssätzen gehört? Falsche Glaubenssätze sind
Informationen, die uns über einen längeren Zeitraum „eingepflanzt“
wurden und uns in unserer Entwicklung behindern können. Dem Kind
oder Jugendlichen wird während seiner Schulzeit permanent erzählt,
wie dumm er ist. Dem Unpünktlichen wird immer und immer wieder
gesagt, dass er unpünktlich ist. Dem mit ein wenig zu viel
Körperfett wird immer gesagt, dass er dick und hässlich ist. Was
diese Aussagen für die jeweilige Selbstwahrnehmung bewirken, kannst
Du Dir sicher denken. Der Schüler wird sich auch nach der Schulzeit
weiterhin für zu dumm halten, um etwas in seinem Leben zu bewirken,
der Unpünktliche wird weiterhin zu spät kommen, weil er eben so
ist, wie er ist, und der vermeintlich „Dicke“, wird sich nur
selten trauen eine Frau anzusprechen (wo hier natürlich noch
hinzukommt, dass er nur wenig Erfolg haben wird, denn sein Denken
wirkt sich auch nach außen auf seine Ausstrahlung, Mimik, Gestik,
etc. aus) Ebenso sind Sätze, wie „ich bin zu alt“, „ich bin zu
jung“, „ich bin eine Frau/ein Mann“ sehr sehr oft zu hören,
wenn es darum geht sich weiter zu entwickeln und eingefahrene
Rollenmuster zu verlassen. Denn, was der Denker denkt, wird der
Beweisführer beweisen. Wenn ich mich für zu alt halte, dann werde
ich auch nur Informationen finden, die eben genau das beweisen. Aber
nun genug von der negativen Wirkung von „falschen“
Glaubenssätzen.
Wenn unser Denker dazu eingesetzt
werden kann negative Dinge zu verstärken, dann muss es doch auch
möglich sein, positive Dinge zu verstärken, oder? Natürlich ist
das so. Wir können das Denker-Beweisführer-Prinzip dazu nutzen,
„falsche“ Glaubenssätze umzuwandeln. Nehmen wir das Beispiel der
Ich-bin-zu-alt-Aussage. Zu alt zu sein, liegt immer im Auge des
Betrachters, mit den Menschen, mit denen man sich umgibt und
selbstverständlich mit den Informationen, die man sich sucht. Ich
höre diese Aussage oftmals von „älteren“ Arbeitnehmern, die
sich für zu alt halten, um sich selbstständig zu machen oder den
Job zu wechseln. Auch, wenn sie unzufrieden sind mit ihrem aktuellen
Arbeitsplatz und sich täglich auf's Neue aufraffen müssen um zur
Arbeit zu gehen, so beißen sie doch lieber in den sauren Apfel, denn
der Denker steckt in den alten Glaubenssätzen fest, dass Sicherheit
wichtiger ist, als persönliches Glück, bzw. dem Entfalten der
eigenen Fähigkeiten im Beruf. Hier fehlt einfach der richtige Impuls
um diese Gedanken durch förderliche Gedanken zu ersetzen. Hat es
einmal „klick“ gemacht, ergibt sich alles andere, wie von selbst.
Hat man einmal den richtigen Gedanken gedacht, oder die richtige
Information gefunden, wird eine Lawine an Gedankenverknüpfungen
freigesetzt und das Gesetz der Anziehung und eben das
Denker-Beweisführer-Prinzip verhelfen dazu, dass die alten
Glaubenssätze abgelegt werden können.
Darum mein Appell an Dich, wenn Du in
Deinem Leben immer wieder an einem Punkt an gelangst, an dem Du eine
Ausrede vorschiebst alá „ich bin eben, wie ich bin“, denke doch
mal darüber nach, ob Du nicht einem „falschen“ Glaubenssatz
aufgesessen bist. Denn vergiss nicht, „Was der Denker denkt, wird
der Beweisführer beweisen“.
Zum Abschluss möchte ich, dass Du
wieder ein kleines Experiment durchführst. Dies hat jetzt zwar
weniger mit Glaubenssätzen zu tun, soll aber einfach mal prüfen, ob
der Denker auch Dein „Glück“ beeinflussen kann ;).Nimm Dir ein
„Ein-Eurostück“ in die Hand. Betrachte es von allen Seiten und
präge Dir das Aussehen so gut Du kannst ein. Nun stelle Dir so
intensiv, wie möglich vor, wie Du eben jenes „Ein-Eurostück“
findest, auf der Straße, in Deiner Wohnung, im Einkaufswagen, etc.
Spiele verschiedene Szenarien durch, zu denen Du eines finden
könntest. Führe diese Übung ein paar Mal am Tag durch (immer wenn
Du gerade Zeit oder nichts Besseres zu tun hast ;)). Ich bin
gespannt, wann Du Dein erstes „Ein-Eurostück“ finden wirst :).
Wenn Du noch etwas weiter gehen willst, dann beobachte doch mal, wie
lange der Zeitraum von jetzt, bis zum Finden des ersten und der
Zeitraum vom ersten bis zum zweiten, usw. dauert.
Danke für's Lesen.
Stefan
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